Vor kurzem sass ich alleine auf dem Gipfel des Hochstucklis, einem kleinen Voralpengipfel mit traumhafter Aussicht auf die Alpen. Ich genoss den Blick in die Weite und die Ruhe, während die Kinder sich auf Rodelbahn und Gumpischloss vergnügten. Plötzlich tauchten in dieser Stille meine, mir durchaus bekannten Gedanken auf: Bewege ich mich nicht auf einer «Mission Impossible»?
Verfallen im Gedanken-Chaos...
In letzter Zeit coache ich regelmässig Einzelpersonen und Teams, die sich in äusserst komplexen und schwierigen Situationen befinden mit differenzierten Brennpunkten, Fragestellungen und Anliegen. Und mit diesen Mandaten steigt auch gleichzeitig mein Gedanken-Chaos auf: Schaffe ich das? Komme ich da wieder heil raus? Kann ich wirklich eine nützliche, hilfreiche Unterstützung bieten und die Erwartungen erfüllen? Mich in diesem Mind-Chaos befindend scheint es fast so, dass ich alles nur falsch machen kann. Hätte ich doch all diese Mandate gar nie angenommen!
Andererseits ist diese Angst doch ganz unbegründet. Bis jetzt waren meine Kunden stets zufrieden mit mir und haben mich sogar weiterempfohlen. Und einige davon haben berührende Referenzen geschrieben. Und doch nagt der Zweifel weiter...
Stop it! reisst mich aus dem Karussell...
Ein inneres «STOP IT!!!» hilft mir schlussendlich aus dem negativen Gedankenstrudel auszubrechen. Ich richte den Blick wieder auf das, was unmittelbar, was jetzt um mich herum passiert. Und plötzlich nehme ich eine Krähe wahr, die einige Meter von mir entfernt unbeholfen auf dem Boden herumhüpft. Ja, denke ich wieder, genau so unbeholfen komme ich mir gerade mit meinen negativen Gedankenspiralen vor.
...und hebt ab
Doch plötzlich springt die Krähe vom Boden auf, breitet ihre Flügel aus und wirft sich in den Aufwind. Was für ein Anblick, sie nun so schweben und fliegen zu sehen. Sie überblickt das gesamte Gelände und es scheint, dass sie es geniesst; voll und ganz in ihrem Element ist. Nach einiger Zeit landet sie, pickt erneut etwas vom Boden auf, bevor sie wieder abhebt.
Mit dem Aufwind schweben
Nun sind meine selbstkritischen und nagenden Gedanken endgültig weg. Ich denke bei mir: Mache es doch wie diese Krähe! Wenn ich mich gut vorbereite, auf meine eigenen Fähigkeiten und Ressourcen vertraue, meine Angst überwinde im Vertrauen, getragen zu sein und mein Bestes zu geben, dann begebe ich mich voller innerer Freude in meine nächsten Coachings. Der Gedanke daran fühlt sich plötzlich an – wie im Aufwind zu schweben!
Tierische Symbolkraft der Krähe
Wieder zuhause lässt es mir keine Ruhe, ich schlage das Buch «Tierisch gut» von Regula Meyer auf und will etwas über die Symbolkraft der Krähe erfahren. Folgende Sätze springen mir dabei ins Auge:
«Die Krähe mahnt uns, unserer inneren Natur zu folgen....Und sie will uns klarmachen, dass alles, was wir tun, fühlen und denken, gemäss diesen ewigen Gesetzmässigkeiten im Universum geschieht. Die Krähe ruft uns nicht zu: «Selber schuld!» Nein, sie mahnt uns eher, uns zu entspannen. Werden wir in uns ruhig und beobachten wir in uns unsere tiefe, innere Natur. Werden wir natürlich, werden wir normal.»
Was kann ich daraus ziehen?
Die Zukunft wird es weisen, ich kann diese weder bestimmen noch kontrollieren. Nach bestem Wissen und Gewissen geben wir in jedem Moment unseres Lebens unser Bestes. So reihen sich Erfahrungen an Erfahrungen. Und mir wird klar, dass gerade in Coachings zu schwieirgen und komplexen Themen genau diese Einsichten oft weiterhelfen und überhaupt erst Entwicklung und Bewegung ermöglichen:
• Den sicheren Boden unter den Füssen zuversichtlich verlassen.
• Mutig springen, sich in neue Sphären begeben. Offen sein für das, was kommt.
• Flügel ausstrecken und getragen sein im Vertrauen, getragen zu werden.
• Die Angst überwinden und die Erfahrung einer neuen Dimension erleben.
• Landen kann und muss ich immer wieder. Was kann mir eigentlich passieren?
Vielleicht eignet sich gerade die jetzige Herbst- und kommende Adventszeit, um innezuhalten, zur Ruhe zu kommen – und bei einem Spaziergang im Nebel, auf einem Gipfel oder einfach beim Dösen auf dem Sofa zu fragen: Welchen Sprung sollte ich wagen?
Ich wünsche Ihnen viel Aufwind und klare Tage in dem nun langsam ausklingenden Jahr.
Mit herzlichem Gruss
Eugen Staub
«Wir dürfen nicht vergessen, dass das,
was wir beobachten, nicht die Natur selbst ist,
sondern eine Natur, die den Methoden
unserer Fragestellung ausgesetzt wurde.»
Werner Heisenberg