Wann haben Sie zuletzt Ihr Beziehungsnetz unter die Lupe genommen? Tun Sie das regelmässig oder nehmen Sie es wie es kommt? Können Sie genau sagen, wie das Verhältnis zu jeder Person funktioniert und ob eine Art Gleichgewicht besteht?

 

Zu Anfang jeder Beziehung, sei sie privat oder beruflich, sind die meisten von uns positiv gestimmt und all unsere Sinne sind im aufmerksamen Modus. Wir erwarten, dass die Beziehung glücklich, freudvoll oder produktiv sein wird mit vielversprechenden Zukunftsaussichten. In einer Beziehung, in der Familie, am Arbeitsplatz oder innerhalb unseres Freundeskreises, sind wir in einem Spannungsfeld der gegenseitigen Erwartungshaltung eingebettet. Anders wäre das nicht möglich.

 

Was geschieht aber, wenn dieses Spannungsfeld aus dem Gleichgewicht gerät und ausartet, z.B. in Machtmissbrauch? Was passiert, wenn die eine Seite von einer übertriebenen Dominanz gesteuert wird und die andere Seite in einer kompletten Abhängigkeit versinkt? Wie verhalten wir uns, wenn unser Bauchgefühl uns zum ersten Mal spüren lässt, dass eine Beziehung toxisch ist, uns nicht guttut? Angenommen, Sie wären selbst betroffen (Opfer) und es würde sich um Ihren Lebenspartner oder Vorgesetzten handeln, wie würden Sie reagieren? Was würde passieren, wenn es sich um das gesamte Umfeld mit verschiedenen Personen handelt, um eine Art toxischer Gruppendynamik, die z.B. in schwerem Mobbing ausartet?

 

Toxische Beziehungen entwickeln sich oft schleichend, explodieren vielleicht unerwartet. Was sie in Gang setzt oder was der Auslöser ist, kann nicht immer konkret benannt werden. Es gibt Fälle in allen sozialen Schichten und in allen Altersgruppen. Zur falschen Zeit am falschen Ort – und auf einmal befindet man sich in einer Spirale des Machtmissbrauchs, in die Ecke getrieben, ständiger psychischer Belastung, Anfeindungen oder sogar physischer Gewalt ausgesetzt.

 

Kein Fall ist wie der andere. Doch jeder ist potenziell schwerwiegend, denn es herrscht emotionaler Kriegszustand und der Machtmissbrauch nimmt eher zu als ab.

 

Sich wehren fängt damit an, dass man darüber spricht. Den Missbrauch offenlegen bedeutet, die eigene Angst überwinden, zu sich selbst stehen. Wege hindurch oder heraus und Lösungen gibt es immer, auch wenn man es nicht mehr so recht glaubt.